1. Der Krieg als Vater des Bonner Gymnasiums:

Die Minoriten beginnen mit dem Gymnasialunterricht (Collegium Antonio Paduanum)

Bonner Bürger schickten ihre Söhne nach Köln auf das von den Jesuiten 1557 übernommene Dreikönigsgymnasium, um ihnen eine höhere Schulbildung und den Zugang zur Universität zu ermöglichen. Ein angeblicher Versuch der Jesuiten, auch in Bonn 1559 ein Gymnasium zu gründen, muss in den Bereich der Spekulation verwiesen werden; es gibt für die anschließenden Jahrzehnte weder Urkunden noch Nachrichten darüber. Die Bonner Jesuiten waren während dieser Zeit personell und räumlich nicht in der Lage, eine höhere Bildungseinrichtung zu eröffnen. Erst 1650 war die Gesellschaft Jesu zu einem Kollegium erhoben worden.

 

Allerdings brachten Kriege, Belagerungen, Beschießungen, Epidemien und wirtschaftliche Krisen den Bonner Schülern erhebliche Unsicherheiten und Gefahren bei einem Aufenthalt außerhalb ihrer Stadt. Von den Folgen der Kriegsführung während des Dreißigjährigen Krieges blieb auch Bonn nicht verschont. Während der Böhmisch-Pfälzischen Auseinandersetzungen (1618 – 1623) lagerten holländische Truppen an der Siegmündung und verwüsteten das Gebiet zwischen Köln und Bonn. Den Bonner Eltern erschien der Besuch des Dreikönigsgymnasiums als viel zu gefährlich. Sie drängten daher den Magistrat, eine höhere Bildungsanstalt innerhalb der eigenen Mauern zu errichten. Die Stadtväter wandten sich daher an die in Bonn ansässigen Franziskaner-Minoriten, deren Orden im 17. Jahrhundert im Gymnasialunterricht eines ihrer Hauptbetätigungsfelder sahen.

Schon um 1625 begannen sie bereitwillig, die Bonner Schüler zu unterrichten und ab dem 3. April 1626 beim Haupttor zum Konvent ein eigenes Haus für den Gymnasialunterricht zu errichten. Dieses Datum ist daher ein sicherer Beweis für die Gründung des Bonner Minoritengymnasiums, der ersten höheren Schule des Ordens in der Erzdiözese Köln sowie der Kölner Ordensprovinz.

 

Um 1630 musste allerdings der Unterricht eingestellt werden, wegen der Pest und nicht näher zu erfahrener Missstände. Da der Schwedisch-Französische Krieg (1635 – 1648) im Bonner Umland erneut für große Unsicherheiten sorgte, drängte der Magistrat die Minoriten, den Gymnasialunterricht wieder aufzunehmen. Sie begannen 1639 gleich mit fünf Klassenstufen bzw. Fächern (Grammatik, Syntax, Poesie, Rhetorik) und der Logik und stellten die Schule unter das Patronat des heiligen Antonius von Padua, eines Minoriten des 13. Jahrhunderts (als Kirchenlehrer genannt „Doctor evangelicus“). Schon 1640 erhielt das Collegium Antonio Paduanum ein schönes Gebäude neben dem Eingang des Konvents, – mit einer Aula im Untergeschoss für die häufig stattfindenden Aufführungen. Die Baukosten kamen im Wesentlichen aus den Geldsammlungen Bonner Bürger, die einen beständigen Unterricht für ihre Söhne wünschten.

 

Zunächst wurden in Bonn seit 1626 nur die (unentgeltlichen) niederen Studien („studia inferiora“) in einer fünf Fächer bzw. Klassen-Schule unterrichtet: „Infima“ („Grammatica“), „Secunda“ oder „Media“ („Grammatica“), „Syntax“, „Poesis“ (oder „Humanitas“) und „Rhetorica“. In Köln schloss sich daran ein dreistufiger Philosophiekurs an (Logik, Physik/Mathematik und Metaphysik/Ethik). Erst diese „studia superiora“ waren die Voraussetzung für die Aufnahme in die höheren Universitätsfakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin).

Seit 1639 wurde im Bonner Gymnasium in den fünf (Fach-)Klassen und in der Logik unterrichtet. Das Erlernen der lateinischen Sprache und die religiöse Unterweisung (einschließlich der Beteiligung der Schule an der Gestaltung der kirchlichen Feste) standen im Mittelpunkt. Bei den Lehrern galt das Klassenlehrerprinzip: Sie begleiteten die Schüler in die jeweils höhere (Fach)Klasse und beendeten nach der „Rhetorica“ die Lehrtätigkeit.

Die Logik hörten die Schüler zusammen mit den Studenten des philosophischen Ordensstudiums, eine ungewöhnliche Maßnahme, da man einen Kontakt zwischen Laien und Ordensnachwuchs möglichst verhindern wollte. Regelmäßige öffentliche Disputationen waren Teil des philosophischen Studiums. „Actiones“ und „Declamationes“ fanden in der Aula des Bonner Gymnasiums statt: wöchentlich in einfacher Art, monatlich in feierlicher Weise, einmal im Jahr mit einer großen Aufführung durch die Schüler, wobei der Stoff meist aus den Heiligengeschichten genommen wurde.


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