7. Weiterentwicklung der Richtlinien unter dem neuen Schulleiter

7.1 Das Abitur als „Reifeprüfung für die Universität“

In die wichtige Phase der gründlichen Umsetzung und Konsolidierung der Reformen fiel der Schulleiterwechsel: Eine Generation jünger als Genniges, hatte Wilhelm Dresen, 1889 in Köln geboren, nach seinem Studium in Bonn in Germanistik und alte Sprachen mehrere Stellen in Koblenz und Trier inne und war dort seit 1927 Direktor des Kaiser Wilhelm Gymnasiums. Am 4. November 1930 wurde er in sein neues Amt am Beethoven-Gymnasium eingeführt. Ein ehemaliger Schüler rühmte sein „rastloses“ Bemühen um „alle Unterrichtszweige, die Arbeitsgemeinschaften und die Schülervereine“. Im Vordergrund hätte für ihn „die Bildung der Jugend zu verantwortungsbewußten Männern“ gestanden, denen „das Christentum Lebensrichtung und Ziel wies“ (Weißkirchen).

Zunächst ging es um die abschließende Bewertung wichtiger Paragraphen der Reifeprüfungsordnung, die auf der Bonner Bezirksdirektorenkonferenz am 12. November 1930 besprochen worden waren. Das Kollegium nahm hierbei eindeutig Stellung: Das Abitur, dessen Wert ja bei einigen Schulreformern sehr umstritten war, sollte als „Reifeprüfung für die Universität“ unbedingt beibehalten werden. Doch die Abschaffung des Gesamtprädikats wurde einstimmig bejaht. Bei der Bewertung der Leistung müsse die Gesamtpersönlichkeit des Schülers berücksichtigt werden. Jahresarbeiten seien wegen der schwer zu kontrollierenden Selbstständigkeit kein Ersatz für Prüfungsarbeiten, allenfalls eine Ergänzung der übrigen Prüfung; auch dürften sie nur zuverlässigen Schülern übertragen werden. In den Abiturakten lassen sich daher auch nur zwei Beispiele nachweisen: 1930 „Senecas Schrift ‚De Vita Beata’. Übersetzung und Erläuterung“; 1931 „Über Francis Jammes’ Werk ‚Der Baskische Himmel’“.

Der Täuschungsparagraph sei eindeutiger zu formulieren, und die Trennung zwischen leichtem und schwerem Täuschungsversuch zu beseitigen, denn es gebe für Abiturienten keinen „Unterschied zwischen Schüler- und Bürgermoral“. Ein frei gewähltes Thema in der mündlichen Prüfung „entwürdige“ diese durch den leicht möglichen Missbrauch einer vorbereiteten Lösung. Die Prüfungen in Leibesübungen sollten wegen der „Bedeutung dieses Unterrichtsgebietes“ unbedingt beibehalten und in Gegenwart des „gesamten Lehrkörpers“ durchgeführt werden. Noch einmal wurde die eventuelle Befreiung vom Mündlichen als eine „schöne Belohnung für die Tüchtigen“ gefordert. Die Prädikate in „Betragen und Aufmerksamkeit“ sollten beibehalten werden; sie erleichterten „die Durchführung der Schuldisziplin“. Schließlich lehnte man den Fortfall der Weihnachtszeugnisse ab und stellte sich damit „gegen die verbreitete Gefühlseinstellung, auf die schlechten Schüler Rücksicht zu nehmen“; das Zeugnis sollte zu Beginn der Weihnachtsferien ausgegeben werden. Insgesamt unterstrich hier das Kollegium noch einmal die grundsätzliche wissenschaftliche Ausrichtung des Gymnasialunterrichts und wandte sich gegen mögliche Senkungen der Anforderungen.

7.2 Leistungsbewertung und Versetzungsbestimmungen für „charakteristische Haupt- und Kernfächer“