10.1.3 Verzicht auf die Schullandheimfahrten: Zweifel an ihrem pädagogischen Sinn

Bei den außerunterrichtlichen Aktivitäten erreichte der Gymnasial-Turnverein (GTV) mit seinen Leistungen in der ganzen ersten Hälfte der 60er Jahre einen besonderen Höhepunkt. 1961 wurden die bisherigen Übungsgemeinschaften für Leichtathletik und Basketball in den Verein überführt. Das viel beachtete Schauturnen anlässlich des 70jährigen Bestehens des GTV im Dezember 1961 offenbarte in den Vorführungen der verschiedenen Turnstufen den Einfluss des „rhythmischen Turnens“. „Eine geschickte Choreographie, besonders beim Spiel mit dem Ball“, so lobte die Verbandspresse, „beim Bodenturnen und den verschiedenen Gerätekombinationen, zeigte eine bewußte Abkehr vom taktgebundenen Schauturnen.“ Auch die neu gegründete Spiel- und vor allem die Leichtathletikabteilung standen mit ihren Leistungen während der nächsten Jahre den Turnern in nichts nach; besonders hervorzuheben seien hier die Leistungen des Europameisters im 100- und 400 Meter-Lauf und Olympiateilnehmers (1964) Hannes Schmidt.

Das moderne Programm des Schauturnens 1963 fand die besondere Anerkennung des Rheinischen Turnerbundes. Die Rheinische Turnzeitung rühmte das Schauturnen 1964 als einen Höhepunkt „turnerischen Übungsgutes, das wieder in neuzeitlichen Bewegungsaufgaben nach dem rhythmischen Prinzip in Bewegungsablauf und Darbietung gestaltet war“. Durch den Abgang einer Reihe leistungsstarker Mittelstufenschüler und Abiturienten in den Jahren 1964/65 stand der GTV wieder vor einem Neuanfang, zumal auch die Schülerzahl des Beethoven-Gymnasiums ständig zurückging. Der GTV hatte sich zwar in seiner neuen Satzung (1963) zum Ziel gesetzt: „Aus den Riegen des Vereins soll stets ein frischer, guter Geist der Kameradschaft und des aufrichtigen, sauberen Verhaltens in die Klassen strömen und den Geist der Schule entscheidend mitprägen“. Ob ihm dies aber bei der neuen, Ende der 60er Jahre heranwachsenden Schülergeneration gelingen würde, war zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar.

 

Die Einstellung von Lehrern und Schülern zu den Schullandheimaufenthalten im GTV-Heim in Gemünd veränderte sich in diesen Jahren. Mit Zuschüssen und eigenen Mitteln der „Gesellschaft der Freunde und Förderer des Beethoven-Gymnasiums“ konnten zwar in der ersten Hälfte der 60er Jahre die Toiletten, je ein Wasch-, Lese- und Garderobenraum ausgebaut und modernisiert werden, doch die Gesamtunterhaltskosten waren der Schule zu hoch, und ein Teil des Kollegiums hielt den Unterrichtsausfall und die notwendigen Vertretungen für nicht mehr tragbar, zumal auch der pädagogische Nutzen von einigen angezweifelt wurde. Die Mehrheit, die den „Gedanken des Landschulheims“ auch damals noch „für pädagogisch sinnvoll“ hielt, wollte allerdings Gemünd für einen einwöchigen Aufenthalt der 6. bis 9. Klassen nutzen, nachdem man die zusätzliche Belegung durch das Stiftische Gymnasium in Mönchengladbach erreicht hatte.

Ende der 60er Jahre wuchs die Zahl der Kritiker im Kollegium. Neben dem Unterrichtsausfall brachten sie die „Gefahr des Alkoholismus und die Verbreitung von Haschisch unter den Schülern“ ins Spiel sowie den „Mangel an sinnvoller Beschäftigung bei schlechtem Wetter“. Außerdem sei die kommende Entwicklung des Beethoven-Gymnasiums angesichts der sinkenden Schülerzahlen zu unübersichtlich, um die hohen Kosten des Heims noch zu tragen. Da der Altherren-Verband des GTV beschlossen hatte, das Heim zu verkaufen, war das Kollegium (12 ja, 6 nein, 13 Enthaltung) nur bereit, sechs Klassen jährlich dorthin zu schicken, wenn die Trägerschaft in die öffentliche Hand überginge und die Finanzierung des Aufenthalts über das Tagegeld durchgeführt würde. Da sich diese Vorgabe nicht realisieren ließ, musste die Idee des Landschulheims begraben werden. Die „Gesellschaft der Freunde und Förderer“ gab 1969 die Unterstützung für eine Bewirtschaftung des Heimes auf; das Haus wurde verkauft. Im Frühjahr 1971 und noch einmal 1978 hielt sich eine 6. Klasse in Gemünd auf.

10.1.4 Das Beethoven-Gymnasium kommt nicht „zur Ruhe