Mit der Oberstufenreform ging das Beethoven-Gymnasium einer ungewissen Zukunft entgegen, denn das Ende des humanistischen Gymnasiums war eingeleitet. Bisher hatte sich die Schule seit ihrer Gründung einem kontinuierlichen Anpassungsprozess an die Zeitverhältnisse und die Vorstellungen der jeweiligen „Landesherren“ bzw. staatlichen Behörden unterworfen, ohne den überzeugenden Charakter einer Sprachenschule mit altsprachlichem Schwerpunkt aufzugeben. Mit dem unwiderruflichen Ende der höheren Schule Humboldtscher Prägung galt es nun, das Bewusstsein geschichtlicher Kontinuität im Bildungswesen wieder zu schärfen und über allen Wandel organisatorischer Formen hinaus die Geschichtlichkeit entscheidender Elemente gymnasialer Bildung in Erinnerung zu rufen. Was bot sich besser an, als Tradition und Kontinuität sowie Wandel und Reformen der „Gymnasialität“ am Beispiel der eigenen Geschichte des Beethoven-Gymnasiums aufzuzeigen?
Obwohl schon immer als dessen Vorläufer das um 1625 eröffnete Minoritengymnasium bekannt war, deklarierte man in der Nachkriegszeit die 1673 erfolgte Übernahme durch den Jesuiten Orden als eigentliches Gründungsdatum des Gymnasiums. Den Versuch, dieses auf 1639 vorzuverlegen, hatte Schröder aufgegeben und die Weichen für 1973 gestellt. Seidler stieg unmittelbar nach seinem Amtsantritt in das Projekt der „300-Jahr-Feier“ ein und wertete vor dem Kollegium am 9. März 1972 die „einzigartige Bedeutung dieser Rückbesinnung zum Verständnis der Schule als letztem Wellenschlag einer an der Antike, dem Mittelalter und Barock gespeisten Tradition und als Übergang in einen kommenden Dienst an Mensch und Gesellschaft“. Eine solche „Feier“ bot sich in dieser schwierigen Übergangszeit als eine geeignete Gelegenheit an, Reformen als Wandel in der Kontinuität zu zeigen und somit Tradition und Fortschritt harmonisch zu vereinen. Seit September 1972 liefen die Vorbereitungen für eine ganze Reihe von Veranstaltungen vom 23. bis zum 25. März 1973: eine Podiumsdiskussion zur Einführung der Oberstufenreform in der Aula der Universität, eine Aufführung des Schülertheaters und ein großes Konzert mit dem Chor, eine Ausstellung zur Geschichte der Schule in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv und der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek, ein Treffen vieler Ehemaliger, die z. T. noch am Königlichen Gymnasium (z. B. 1906) Abitur gemacht hatten, sowie ein Schulball (in der Stadthalle von Bad Godesberg).
Schließlich sollte ein umfangreicher Jahresbericht „1673 – 1973. Beethoven-Gymnasium Bonn. Dreihundert Jahre in Bildern“, ein „Bilderbuch aus Dokumenten dreier Jahrhunderte“, den Betrachter anregen, „aus Vergleich und eigener Erinnerung eine ‚öffentliche Prüfung des Gymnasiums’ zu unternehmen“ und trotz fragmentarischer Auswahl der Quellen aus „gegenwärtigen Erfahrungen Analogien und typische Grundmuster in der Vergangenheit zu entdecken“. Gerade in der Zeit der völligen Neugestaltung der höheren Schule wollte das Beethoven-Gymnasium der Öffentlichkeit an Hand der eigenen Schulgeschichte die Tradition in ihrer variantenreichen Ausgestaltung, die „Dauer im Wechsel“, zeigen.
Die „300-Jahr-Feiern“ hatten soviel Anklang gefunden und Kontakte ermöglicht, dass die Schule die Verbindung lebendig halten wollte und zu einem erneuten Schulfest am 11./12. Oktober 1975 einlud: Unterrichtsmitschau, Filme von Klassenfahrten, Musikvorführungen, Volleyball-Wettkampf, Schauturnen des GTV, Bootstaufe des GRV anlässlich seines 80jährigen Bestehens, Mittagessen auf der „Casselsruhe“, abends der Beethoven-Ball in der Stadthalle von Bad Godesberg und anderntags Spaziergang durch Bonn oder Bootsfahrt. Die Einladung ist Teil eines „knappen“ Jahresberichts 1974/75 (dem ersten wieder seit 1965), der „einen Überblick über Veränderungen an der Schule seit dem Frühjahr 1973“ geben sollte.
Da sich dieses Medium der Information zum Schuljahresende für alle Freunde und Förderer, Eltern, Ehemalige sowie Schülerinnen und Schüler sehr bewährt hatte, gehört seither bis heute zur Kontinuität schulischen Lebens die Herausgabe eines Jahresberichtes über das abgelaufene Schuljahr, – in unregelmäßigen Abständen bzw. zu besonderen Anlässen in größerem Umfang mit wissenschaftlichen Beiträgen. Auch die Unterrichtsmitschau im Herbst sollte jedes Jahr angeboten werden. Die damals als „erster Beethoven-Ball im Rahmen des Schulfestes“ deklarierte Abendveranstaltung hatte zwar „reichen Besuch von Ehemaligen“ gefunden, weniger aber von der „Schulfamilie“. Offensichtlich hätten sich die „Eltern der präsenten Schüler“ nicht eingeladen gefühlt, und Seidler gelobte Änderung beim „nächsten BB“ 1977. Sollte das Echo dann groß genug sein, würde die Schule alle zwei Jahre die Veranstaltung am Abend des „Tags der Offenen Tür“ wiederholen. Da der Ball am 24. September 1977 im Bundestagsrestaurant (mit Kurzprogramm des schuleigenen Kabaretts „Nevergreen“ und Tanzeinlagen von Schülerinnen der Stufe 9) so viel Zuspruch erfahren hatte, begeistert seither der Beethoven-Ball (mit Programmeinlagen von Lehrern und Schülern) – im Zweijahreszyklus – Kollegium, Eltern und Oberstufenschüler, zu denen sich im Laufe der Jahre immer mehr Ehemalige gesellten.