11.13 Sprachaustausch mit anderen Schulen in Nordamerika und Mitteleuropa

Im Rahmen des englischsprachigen Austausches fuhr eine 25 bis 30köpfige Gruppe (Stufe 9 bis 13) seit 1976 während der Osterferien zu einer Partnerschule in die USA, zunächst an die Atlantikküste (New York), dann an den Pazifik (Seattle) und seit 1983 in die Rockies (Preston, Idaho). Der obligatorische Schulbesuch bedeutete eine starke Umstellung: täglich vier Stunden in der eigenen Gruppe bei einem amerikanischen Lehrer und drei Stunden in einem für deutsche Schüler unbekannten Fach. Auch der Aufenthalt in den Austauschfamilien (z. B. Mormonen, ausgeprägtes Familienleben, kein Alkohol) war gewöhnungsbedürftig und lehrreich. Zu den Höhepunkten zählten natürlich die Ausflüge in die Nationalparks und den Grand Canyon. Für den Gegenbesuch lockte ein sehr umfangreiches Besuchsprogramm mit einer obligatorischen Fahrt in Richtung Bayern, ab 1990 eher Berlin und die ehemalige DDR oder gar nach Paris.

Über einen Studienfreund und Honorarkonsul im kanadischen Regina initiierte Kötting seit März 1986 einen weiteren biennalen Austausch mit dem Luther College Regina. Die Teilnehmerzahl (Stufe 9 bis 12) beschränkte sich allerdings auf maximal 20, die dem dortigen Unterricht beiwohnten und große Ausflüge unternahmen (Indianerreservate, Rockies…). Auch deren Gegenbesuch erforderte jedes Mal intensive Vorbereitungen und eine ebensolche Fahrt nach Bayern.

Anfang März 1988 besuchten kanadische Schülerinnen und Schüler aus dem französisch sprechenden Quebec Gasteltern des Beethoven-, Clara-Schumann- und Friedrich-Ebert-Gymnasiums, drei Wochen später begannen 27 Vertreter der Klassen 10/11 der drei Schulen ihren Gegenbesuch in der Nähe von Quebec, wo zunächst die Verständigung etwas unter dem ungewohnten kanadischen Französisch litt, aber mit einem sehr abwechslungsreichen und interessanten Besuchsprogramm ergänzt wurde.

Als in der ersten Hälfte der 90er Jahre rigidere Kostenobergrenzen für Fahrten angeordnet wurden, stieß der transatlantische Austausch mit seinem großen organisatorischen und vor allem finanziellen Aufwand auf zunehmende Schwierigkeiten bei Eltern und Schule, zumal sich solche Unternehmungen in den Gesamtrahmen der vielen außerunterrichtlichen Tätigkeiten fügen mussten. Außerdem nahmen eine Reihe Schülerinnen und Schüler der Stufe 11 die Möglichkeit wahr, für ein halbes oder ganzes Jahr die Schullaufbahn zu unterbrechen zum Besuch einer meist außereuropäischen Schule.

 

Der Schulleiter wollte daher die Partnerschaft mit englischen Schulen fördern. Seit 1976 bestand schon – im Rahmen der Städtepartnerschaft Bonn-Oxford – ein Austauschprogramm (Stufe 10/11) mit der St. Edward’s School, die seit 1993 auch Mädchen zuließ. Im Februar besuchten die Schüler und (später auch) Schülerinnen diese Schule, während zur gleichen Zeit ihre Austauschpartner in den entsprechenden Bonner Familien wohnten. Die Gewöhnung an die strengen Regeln des englischen Internatslebens und an Kleidervorschriften vollzog sich nicht selbstverständlich, doch die vielen sportlichen und Freizeitaktivitäten und der sprachliche Gewinn bedeuteten eine schöne Entlohnung. Gegen Ende der 90er Jahre tauchten allerdings Schwierigkeiten auf, immer genügend Plätze für die Aufnahme in den deutschen Familien (der Stufe 11) zu finden.

Über eine Partnerschaft mit englischen Schulen hinaus versuchte Kötting mit einer Kombination von Praktikum und Austausch die Sprachkompetenzen der Oberstufe zu erhöhen und gewann im Juni 1994 die Englischfachkonferenz für die Idee, im Rahmen eines Betriebspraktikums – als „Practical Work Experience“ – die Fremdsprachenkenntnisse und die menschlichen Kontakte zu erweitern. Von Schülerseite fanden sich sofort 22 Interessenten. Eine Englischlehrerin knüpfte umgehend Kontakte über die Bonn-Oxford-Partnerschaft, und es fand sich nach einem halben Jahr Suche auch eine englische Kollegin bereit, die Betreuung und Koordinierung der Praktikanten – die Voraussetzung deutscherseits – ohne Mehrarbeitsbezahlung zu übernehmen. Der Gang durch die englischen Schulbehörden dauerte weitere Monate, währenddessen viele Interessenten die Osterferien anderweitig gestalten wollten.

Inzwischen waren Praktikumsplätze gefunden, Versicherungen abgeschlossen, einen halben Tag vor Abflug die behördlichen Zustimmungen zu den fünf Teilnehmern aus dem englischen Leistungskurs in der Schule eingetroffen. Sehr gespannt (klopfenden Herzens), doch zunehmend routiniert konnten sie vom 27. März bis zum 7. April 1995 den Arbeitsalltag in englischen Betrieben kennen lernen und bewältigen. Diese unterstützten bereitwillig das Praktikum, so dass die Schülerinnen und Schüler auch in ständigem Kontakt mit Kunden standen und ihre Sprachkenntnisse über den schulischen Rahmen hinaus praxisnah erweiterten. Nach dem Besuch der Betriebe im Juli 1995 brachte die Englischkollegin die Erfahrung mit, dass man englischerseits über die „Einsatzbereitschaft, die sprachliche und arbeitstechnische Flexibilität und den extrem hohen Grad der Selbstständigkeit und des Verantwortungsgefühls“ der deutschen Schülerinnen und Schüler erstaunt war. Ausführliche Praktikums- und Erfahrungsberichte waren im Rahmen einer Ausstellung im Aulafoyer zu lesen. Die englischen Praktikanten kamen dann im Oktober 1995 nach Bonn. Ein geglückter Auftakt, der sich in den folgenden Jahren mehr oder weniger routinemäßig während der Osterferien (manchmal auch im Oktober) wiederholte.

 

Alle bisherigen Austauschprogramme betrafen immer nur einige Schülerinnen und Schüler (auch die finanziellen Möglichkeiten der Eltern spielten dabei eine Rolle). Für das Schulprofil erschien es angebracht, die Sprachkompetenz der Klassen zu erhöhen, die erst in der Stufe 7 mit Englisch begannen und möglichst früh mit dem englischen Alltag konfrontiert werden sollten. Glücklicherweise fanden sich durch Zufall und persönliche Kontakte zwei benachbarte Schulen in Kent, um ein besonderes Experiment zu wagen: die Partnerschaft einer ganzen Mittelstufenklasse – 1993 mit der Skinners’ School Tunbridge Wells, 1994 mit der Weald of Kent Grammar School for Girls in Tonbridge. Für die beiden anderen Parallelklassen, mit Englisch ab Klasse 5, fanden sich ebenfalls Möglichkeiten im Austausch oder z. T. gegen Bezahlung (Dover, Wilmington, Oxford), so dass sich daraus eine feste Komponente des Schulprogramms entwickelte: Jedes Frühjahr fuhren alle Klassen 9 für eine gute Woche zu den englischen Schulen und erwarteten anschließend ihre englischen Gäste.

Die Kenter Partnerschaften und die Partnerschule in Oxford ermöglichten den Fünfzehnjährigen viele menschliche Begegnungen in der Schule und im Familienleben und eröffneten ihnen die Gelegenheit zum Besuch der südenglischen und Londoner Sehenswürdigkeiten. Am Ende seiner Aktivenzeit durfte der Schulleiter im Mai 2003 das Zehnjährige dieser einmaligen Einrichtung mitfeiern und der Direktorin sowie der Verantwortlichen für den Austausch – zu Hause und in der Schule – den fälligen Dank abstatten.

 

Der späte Beginn der dritten Fremdsprache Französisch in der Klasse 9 erschwerte es naturgemäß, einen Austausch in vergleichbarem Alter bzw. auf ähnlichem Sprachniveau zu finden. In der Vergangenheit hatte es mehrere, allerdings kurzfristige Partnerschaften gegeben; außerdem war es nahezu unmöglich, ein französisches Gymnasium zu finden, das nicht schon eng mit einer deutschen Schule verbunden war. Eine private Initiative und Privatkontakte ermöglichten erstmalig seit April 1988 einen Austausch (Stufe 10/11) mit einem Lycée in Villemomble, der Partnerstadt von Bonn-Duisdorf. Dank städtischer Fördergelder konnten Zuschüsse für Fahrten nach Paris und zu den Exkursionen der Franzosen in Bonn und Umgebung gewährt werden, so dass sich ein regelmäßiger Austausch von jeweils ca. 20 Teilnehmern entwickelte. Die häufig altersmäßige Unterschiedlichkeit der Partnerschaft war jedoch nicht einfach zu überbrücken.

Da tat sich im Frühjahr 1993 ein Glücksfall auf. Zwei katholische, sehr angesehene Pariser Privatschulen (Montparnasse) erklärten sich zum Austausch für insgesamt ca. 30 Schülerinnen und Schüler bereit: Lycée Stanislas (für Jungen) und Lycée Notre Dame de Sion (für Mädchen). Nachdem Stanislas in der zweiten Hälfte der 90er Jahre auch Mädchen zugelassen hatte, konzentrierte sich die Partnerschaft auf dieses renommierte Gymnasium (mit Internat, ca. 3000 Schülerinnen und Schüler), von der Lage her ideal für ein ausgedehntes Besuchsprogramm in Paris und Versailles, so dass die begleitenden Lehrerinnen häufig daran erinnert werden mussten, dass es außer „Kultur“ noch anderes Interessantes in Paris zu sehen und zu erleben gab.

11.14 Partnerschaften