11.16.2 Möglichkeiten „fächerverbindenden“ Unterrichts

Das Beethoven-Gymnasium konnte hierbei insofern auf Erfahrungen zurückgreifen, da ein Fachvertreter den Entwicklungsprozess der Richtlinien in Latein von Beginn an begleitet hatte. Außerdem gab es schon seit 1987 eine Kooperation einiger Lehrerinnen und Lehrer in den Fächern Latein und Deutsch in der Erprobungsstufe mit der Absicht, im Lateinunterricht dem Deutschlehrer „wirksam zuzuarbeiten und im Deutschen auf Gelerntes zurückzugreifen, es zu vertiefen oder durch Kontrast zu ergänzen und so kategoriales Denken, vor allem durch Grammatikunterricht, wirksam vorzubereiten“. Auf diesen Erfahrungen fußend, erwuchs im ganzen Sommer 1992 in einer Klasse 7a, dann 8a ein projektorientierter und fächerübergreifender Unterricht (Deutsch, Latein, Geschichte): Aus der Aufführung des selbst geschriebenen Lateinspiels „Der Bäderdieb“ (Adaptation des lateinischen Schulspiels „Fabius investigat“ von B. Halifax) entwickelte sich das Projekt über die römischen Thermen mit einem Begleitheft und einer Ausstellung anlässlich des „Tages des Beethoven-Gymnasiums“ Ende September 1992. Beim Landeswettbewerb Latein erhielt diese Klasse im Juni 1994 den zweiten Preis, die Klasse 9a den ersten Preis mit ihrer lateinischen Parodie der Fernsehsendung „Herzblatt“, ein Stück „Aktualisierung verkehrt“, die Versetzung heutiger Aussagen in die Antike (beide Beiträge als Videofilm eingereicht). Ebenso gab es fachübergreifende Projekte in Latein und Geschichte („Saturnalienfest“ in 5b 1995/96) und in Geschichte und Kunst „Die goldene Schlange“ in 6b mit der Aufführung eines altägyptischen Märchens (1996/97).

 

Ende des Schuljahres 1993/94 waren die Arbeiten an den Anstaltslehrplänen für die Erprobungsstufe abgeschlossen. Eine Fächerkooperation bot sich hier in Deutsch, Latein und Geschichte sowie Englisch und Politik an. Anschließend wünschten die vornehmlich in der Erprobungsstufe eingesetzten Kolleginnen und Kollegen eine schulinterne Fortbildung zum Thema „Freiarbeit“, die im Frühjahr 1996 in drei „Blöcken“ ablaufen sollte: 1. Block: Vortrag des Referenten zur Montessori-Pädagogik; 2. Block: Begegnung mit Montessori-Unterrichtselementen, Arbeit mit diversen Materialien zur Freiarbeit; 3. Block: Frage zu und Diskussion über Materialien.

Für die Mittelstufe hatten die Fachschaften Mathematik und Naturwissenschaften Mitte 1994/95 Lehrpläne fertig gestellt, wobei die Obligatorik der Richtlinien häufig als „Rückzug auf das äußerste Minimum“ angesehen wurde. Sehr bedauerlich fand man den Fortfall des Biologieunterrichts in Klasse 10, so dass sich eine Kooperation mit Chemie nicht mehr anbot. Die Lehrpläne der meisten übrigen Fächer, in denen z. T. die Einweisung sehr spät erfolgte, waren erst im Sommer 1995 abgeschlossen. Bei Französisch/Griechisch als spät einsetzenden Fremdsprachen boten sich kaum Anlässe für einen Fachübergriff. Bei den übrigen Fächern war sehr schnell offenbar geworden, dass eine Verzahnung nur an einigen Stellen möglich war (hier rächte sich die mangelnde Abstimmung bei der Erstellung der Richtlinien im Anfangsstadium und bei der Festlegung des Fächerkanons). Ein wirklich paralleles Arbeiten in einer Klasse erforderte außerdem eine entsprechende Unterrichtsverteilung und Stundenplangestaltung. Bei den – innerschulisch notwendigen – Unterrichtsausfällen und der geringen Stundenzahl vieler Fächer blieb eine Kooperation auf ein Minimum beschränkt. Gleichwohl versuchte der Schulleiter das Kollegium zu ermutigen, auch „unkonventionelle Schritte“ bei der Verwirklichung fachübergreifenden Unterrichts zu wagen, biete dieser doch eine Chance zur interkollegialen Zusammenarbeit.

Hierfür entwickelte die Koordinatorin der Erprobungsstufe im Juni 1995 einen Übersichtsplan pro Klasse und Halbjahr mit parallel angeordneten Rubriken für jedes Fach, in die die jeweiligen Fachlehrer ihre Unterrichtsvorhaben auflisten sollten. Nach der ersten Unterrichtswoche musste der Klassenlehrer diesen Plan zusammenstellen und in Kopie der Schulleitung, dem Klassenkollegium und den Eltern zugänglich machen. Bedenken, dass eine solche veröffentlichte Übersicht die Freiheit eines beweglichen Unterrichts einschränke, indem er Lehrer und Schüler zeitlich und thematisch zu streng festlege, konnten schließlich zerstreut werden. Der Plan wollte Eltern und Schülern eine sachlich und pädagogisch zweckdienliche Information geben und dem Klassenkollegium die Möglichkeit anbieten, fachübergreifendes Arbeiten an gemeinsamen Themen zu erleichtern. Nach dem ersten Durchlauf im Schuljahr 1995/96 stellte sich sogar heraus, dass die großformatige Übersicht („Teppich von Bayeux“ von wohlmeinenden Skeptikern genannt) eine sonst notwendige eigene Klassenkonferenz in der ersten Woche nach Unterrichtsbeginn meistens ersetzte und den „kurzen“ Weg zu kollegialen Absprachen eröffnete.

11.16.3 Der „Erziehungsauftrag“ der Schule darf wieder ernst genommen werden