11.3 Von der Sechs- zur Fünftagewoche: 22jähriger Meinungsstreit in der Schulgemeinde

Die Einführung eines (partiellen oder grundsätzlichen) freien Samstags hat die Schulgremien 22 Jahre beschäftigt. Gegner und Befürworter einer solchen Samstagsregelung führten aus ihrer jeweiligen Sicht gut nachvollziehbare Argumente an, doch musste allen Betroffenen klar sein, dass für die Verschiebung der Samstagsstunden der normale Vormittag meist nicht ausreichte und die vielfältigen außerunterrichtlichen Aktivitäten zunehmend erschwert würden. Für die Einführung eines grundsätzlichen Ganztagsbetriebes fehlten sowohl der Wille aller Beteiligten als auch jegliche äußeren Voraussetzungen.

Ein erster Antrag der Schülervertretung (SV) an die Schulkonferenz im Sommer 1975 auf Einführung eines oder zweier freier Samstage wurde nach langer Diskussion zurückgezogen und einer Kommission aus der Eltern-, Schüler- und Lehrerschaft zur Weiterbehandlung übertragen; das Kollegium selbst sprach sich mehrheitlich gegen den Antrag aus (18 gegen, 12 dafür bei 4 Enthaltungen). Auch die meisten Klassenpflegschaften votierten gegen einen freien Samstag und die neue SV schloss sich dem an.

Trotz der wiederholten Ablehnung der Eltern Ende 1979 entschied sich das Kollegium am 21. Oktober 1980 mit großer Mehrheit für einen freien Samstag im Monat (13 Gegenstimmen); an den übrigen Samstagen sollte Schulchor in der ersten Stunde vor dem Beginn des Unterrichts liegen. Die Schulkonferenz stimmte diesem Votum für das Schuljahr 1981/82 zu. „Nach langem Zögern wird der erste Schritt in Richtung auf die 5-Tage-Woche getan“, – so blickte der Chronist des Jahresberichtes nicht ohne Hintersinn in die hoffnungsvolle Zukunft, die dann den neuen Schulleiter schnell einholte.

Die Aussicht auf mehr Freizeit- und Lebensqualität und das Vorpreschen der meisten anderen öffentlichen Gymnasien Bonns wogen stärker als der Verlust von Unterrichtsqualität und die Einschränkung der Sportmöglichkeiten und außerunterrichtlichen Aktivitäten. Außerdem könnte bei einem zweiten freien Samstag auch der Chor freitags erst nach der 6. Stunde proben und die Mittelstufenklassen müssten auf den wöchentlichen Gottesdienst (im Albertinum) mittwochs in der ersten Stunde verzichten, wenn Nachmittagsunterricht vermieden werden soll. Solange er im Dienst sei, versicherte Kötting, werde diese Stunde für den Besuch des Gottesdienstes im Stundenplan freigehalten (Erlasslage!).

Die Meinung der Eltern war nicht mehr eindeutig (340 dagegen, 320 dafür bei 64 Enthaltungen); das Kollegium votierte am 31. Januar 1990 in geheimer Wahl mit 35 Ja – und 23 Nein – Stimmen bei 3 Enthaltungen für einen zweiten freien Samstag, den die Schulkonferenz zwei Monate später absegnete (13 Ja, 11 Nein): Seit dem Schuljahr 1990/91 wurde nur am 1. und 3. Samstag im Monat in zwei Doppelstunden unterrichtet; ein 5. Samstag musste anderweitig nachgeholt werden.

 

Zwei Jahre später stieß die Landesregierung selbst mit ihrem „Handlungskonzept“ das Tor zur „5 Tage – Woche weit auf, um das Schulleben dem allgemeinen Freizeitverhalten anzupassen. Laut Erlass vom 24. Juni 1992 sollte der freie Samstag vom nachfolgenden Schuljahr an die Regel sein, wenn nicht die Schulkonferenz die Beibehaltung von nur zwei freien Samstagen ausdrücklich beschließen würde. Als Rahmenbedingungen waren vorgegeben: vormittags höchstens 6 Stunden, 60 Minuten Mittagspause (Aufenthaltsraum, einfache Mahlzeit, Aufsicht als Voraussetzung), bei mehr als einer Stunde Nachmittagsunterricht keine Hausaufgaben für den folgenden Tag, Klassenarbeiten nur vormittags. Die Bonner Direktorenkonferenz lehnte eine solche Lösung ohne räumliche und sächliche Ausstattung der Schulen ab, ebenso das Kollegium des Beethoven-Gymnasiums (37 gegen, 13 dafür, 7 Enthaltung). Dessen Schulkonferenz stimmte am 21. Juni 1993 ausdrücklich für die Beibehaltung der zwei freien Samstage (16 dafür, 7 dagegen bei 1 Enthaltung).

 

In den folgenden zwei Jahren wurde jedoch der Anpassungsdruck immer größer, so dass die SV von der Schulkonferenz die Aufhebung dieses Beschlusses forderte und von ihr auch mit 13 Zustimmungen (bei 10 Gegenstimmen und einer Enthaltung) erreichte. Die Lehrerkonferenz vom 14. Februar 1996 plädierte mit 29 zu 17 (7 Enthaltungen) für die 5 Tage – Woche, die jedoch die nächste Schulkonferenz vom 17. Juni 1996 ablehnte. Nur ein halbes Jahr später nahm die neue Schulkonferenz (in anderer Zusammensetzung) den Antrag der SV an, ein zweites Verfahren zur Aufhebung der 6 Tage – Woche einzuleiten, und stimmte am 17. März 1997 mit 20 zu 4 Stimmen für die Einführung der 5 Tage – Woche ab Schuljahr 1997/98 – mit dem Auftrag, die – allerdings vorhersehbaren – Auswirkungen auf 7. und 8. Stunden zu überprüfen.

Die bald folgende Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre (2013 letztes Jahr Abitur nach 9 Jahren und erstes Abitur nach 8 Jahren) und die damit einhergehende Erhöhung der Wochenstundenzahlen in den meisten Klassen (ohne jegliche Vor- und Fürsorge bei der Schaffung einer schulischen Infrastruktur für einen Ganztagsbetrieb) warfen noch einmal ein ganz anderes Licht auf die erfolglosen Bemühungen von Schulleitung sowie Teilen des Kollegiums und der Elternschaft, die 5 Tage – Woche unter den damaligen Bedingungen abzulehnen.

11.4 Neue Räumlichkeiten für die Schüler