11.6 Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit: Die Schulgemeinde in „Aktion“

Seit seinem Amtsantritt verfolgte Kötting das Ziel, die einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen Elternschaft und Schulleitung zu fördern und kurze Wege zur gegenseitigen Information und Beratung zu suchen. Zusammen mit seinem Stellvertreter (später kamen auch die Stufenkoordinatoren hinzu) unternahm er im Schuljahr mit der Schulpflegschaft in der unmittelbaren Bonner Umgebung zwei bis drei (kurze!) Wanderungen, die in einer anschließenden geselligen Zusammenkunft auch für die Eltern Zeit und Gelegenheit genug boten, sich gegenseitig kennen zu lernen und Anliegen auszutauschen (das hatte große Vorteile für die erste Schulpflegschaftssitzung zu Beginn des Schuljahres). Zu besonderen Gelegenheiten, wie z. B. zur Nikolauszeit, konnte auch schon mal die vorherige „Wanderung“ ausfallen. Auch bei der Weinlese, ursprünglich mehr oder weniger dem „Weinkollegium“ vorbehalten, überflügelten die Vertreter der Elternschaft bald die Mitglieder des Kollegiums an Zahl und Eifer beim Sammeln der Trauben und bei der Verkostung des vorjährigen Weines.

Hatte der Schulleiter die Elternschaft schon 1989 anlässlich der 2000-Jahr-Feier Bonns zu einer Weinprobe eingeladen, so bot sich die „deutsche Wein- und Sektwoche“ im Mai 1996 für eine „repräsentative Verkostung“ deutscher Weine als eine gute Gelegenheit an, am 22. Mai 1996 Eltern, die Damen der „Cafeteria“, die Mütter im Schülerbibliotheksdienst, Mitglieder des Schulamtes und das Kollegium in das Lehrerzimmer einzuladen. Die sächsische Weinkönigin aus Dresden beehrte die Corona durch ihre liebliche Anwesenheit (bei meist trockenen Weinen). Zu später Stunde stießen die gerade angekommenen englischen Austauschpartner und ihre deutsche Kollegin hinzu. Gut instruierte Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Chemie(!) der Stufe 12 (warum gerade sie, wurde – sicherlich auf Grund ihrer Routiniertheit – nicht hinterfragt) kredenzten die verschiedenen Weine. Der Vertreter des „Deutschen Weinbauinstituts“ moderierte – nicht ohne witzige Beigaben und Anekdoten – die Verkostung fachgerecht unter „Zuhilfenahme“ von „Zungenspitze, Zungenrändern und Zungenabgang“. Feinsinnig schloss der Chronist des Jahresberichtes 1996 mit der Bemerkung: „Psychologisch Interessierte konnten überdies die große Wandlungsfähigkeit eines Lehrerkollegiums zwischen der ersten und der vierzehnten Probe beobachten“. Da nach Beendigung der Verkostung keiner „im Dunkeln“ allein nach Hause gehen wollte und die „Schulsperrstunde“ aufgehoben wurde, schloss sich eine Probe verschiedener Jahrgänge des schuleigenen Weinberges an.

 

Neben den Wanderungen, geselligen Treffen, Tagen der Offenen Tür, Schulfesten und Beethovenball bot gegen Ende der 90er Jahre die Weinlese für die Elternschaft, Kollegium und erweiterte Schulleitung eine gerne genutzte Gelegenheit, die vertrauensvolle Zusammenarbeit zu festigen. Nachdem wegen der Errichtung des Posttowers und einer Evakuierungsbrücke zur Rheinaue hin der Weinberg abgebaut und höher gelegt werden musste, ließ die „Deutsche Post“ auf Wunsch des Weinkollegiums 2002 300 Stöcke (Rebsorte „Regent“) neu pflanzen und die Anlage mit einem Zaun vor all zu großen Begehrlichkeiten von Touristen und Enten schützen. Als eine seiner letzten Amtshandlungen lud der Schulleiter am 25. Juni 2003 Elternschaft und Kollegium zu einem „Stockfest“ am neu angelegten Weinberg ein, um dabei die nicht all zu vielen Flaschen der letzten Lese zu verkosten und auf eine ertragreiche erste Ausbeute 2005 zu trinken.

Seit der ersten Hälfte der 70er Jahre erhielten die Eltern am „Tag des Beethoven-Gymnasiums“ Ende September (abends waren sie alle zwei Jahre zum Beethoven-Ball eingeladen) Gelegenheit zu einer zweistündigen „Unterrichtsmitschau“, an die sich eine Darstellung der vielfältigen Unterrichtsergebnisse und der außerunterrichtlichen Tätigkeiten anschloss: Sport und Spiel, Jazzkonzert, Kammermusik, Chor, Dia-Vorträge, Ausstellungen über Klassen- und Studienfahrten, Kreationen aus dem Kunstunterricht. Naturwissenschaftliche Demonstrationen gewannen zunehmend an Attraktion: Biologie zum Mitmachen, chemisches Experimentieren für alle, Physik zum Nachmachen, Bau eines Elektromotors, Herstellung von Visitenkarten durch Computerdruck, usw.

 

Konzentrierte sich schon das Interesse der Eltern und Gäste vor allem auf den Unterricht in den Unterklassen, so bot die Schule darüber hinaus noch in der zweiten Novemberwoche einen Informationsabend in der Aula für Grundschul-Eltern und Viertklässler an. Der Schulleiter erklärte den Besuchern ausführlich das Schulprofil, beantwortete konkrete Fragen nach Angebot und Anmeldung und führte anschließend Interessierte noch durch das Schulgebäude und die Fachräume, um ihnen einen Eindruck von der Ausstattung zu vermitteln. Zu Beginn der 90er Jahre wurde offenbar, dass die Eltern einen genaueren Einblick in die Unterrichtsatmosphäre verlangten und die Schulen vergleichen wollten; auch musste auf den Rückgang der Schülerzahlen reagiert werden.

Seit November 1992 bot das Beethoven-Gymnasium einen „Tag der Viertklässler“ an: Auf die Einführung durch den Schulleiter in der Aula folgte eine Unterrichtsmitschau in zwei verkürzten Stunden (z. B. Latein, Englisch, Deutsch, Mathematik, Musik) in den Klassen 5/6. Nachher konnten die Eltern mit den Lehrerinnen und Lehrern sprechen; Mitglieder des Kollegiums und der Schulleiter sowie viele Elternvertreter standen für weitere Informationen im Aulafoyer zur Verfügung. In dieser neuen Form fand der „Tag der Viertklässler“ eine äußerst positive Beurteilung, so dass sich in der Folgezeit die Veranstaltung in der Ausgestaltung immer mehr erweiterte und verfeinerte. Die Cafeteria-Damen boten den Eltern und Gästen Kaffee und Kuchen und den Kindern frische Waffeln im Aulafoyer an, die Schulpflegschaft und die SV stellten sich vor, Schülerinnen und Schüler führten Neugierige durch das Gebäude und in die Fachräume, wo Experimente mitgestaltet werden konnten. Für die Kleinsten fanden sich in einem umfunktionierten Klassenraum genügend Betreuer aus der Schülerschaft, um den Eltern größere Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Meist gaben auch der Gymnasial-Turnverein und der Gymnasial-Ruderverein Einblicke in ihre Tätigkeiten. Kurzum, der Tag nahm zunehmend die Ausmaße des „Tags des Beethoven-Gymnasiums“ an.

 

Um dem Kollegium eine solche Doppel- und Dreifachbelastung zu ersparen (Tag des Beethoven-Gymnasiums, alle zwei Jahre Beethovenball abends, Tag der Viertklässler), beschloss die Lehrerkonferenz vom 13. Juni 1995, in Zukunft Ende September nur zum Ball einzuladen und sein Pendant, die Unterrichtsmitschau mit Beiprogramm, auf den Mai 1996 zu verschieben. In der Folgezeit verwandelte sich der Tag des Beethoven-Gymnasiums in ein Sommer- oder Schulfest. Um gewissermaßen den erwartungsvollen Anschluss an den „Tag der Viertklässler“ zu halten, erhielt auch der erste Schultag der Sextanerinnen und Sextaner seine zukünftige Gestalt: Nach dem Gottesdienst die Begrüßung in der Aula, Abholen durch die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer mit den Tutoren aus der Mittelstufe, während des Einführungsunterrichts Bewirtung der Eltern und Gäste im Aulafoyer mit der Möglichkeit zu Informationsgesprächen.

 

Der biennale Beethovenball (seit den 90er Jahren in der Regel im Beueler Brückenforum) stand jedes Mal unter einem anderen Motto. Weit über 1000 Einladungen wurden jeweils verschickt, vornehmlich an die letzten 10 Abiturjahrgänge (der Ball hatte sich zum Ehemaligentreff entwickelt), und viele Ballplakate erinnerten täglich die Schülerinnen und Schüler an das kommende Großereignis. Der schnelle Verkauf der Sitzplätze an der Vorverkaufskasse zeichnete den Ball als Selbstläufer aus; an der Abendkasse gab es meistens nur noch verbilligte Karten ohne Tischzuweisung. Die Verantwortlichen für den Ball hatten schon lange vorher mit den aufwendigen logistischen und inhaltlichen Vorbereitungen begonnen. Die gesamte Dekoration und Ausschmückung des Saales mussten geplant, beschafft, kurz vorher angebracht und am Tage danach wieder abgenommen werden. Den Ball eröffneten ein oder zwei Tanzgruppen aus der älteren Mittelstufe, die dicht gedrängte Tanzfläche leerte sich zwischendurch für tänzerische oder gesangliche Einlagen von Schulgruppen oder Ehemaligen. Die sehnlichst erwartete Mitternachtsschau von einem großen Teil des Kollegiums, zu der sich der Saal mit noch weiteren Ehemaligen füllte, bildete den absoluten Höhepunkt, denn jeder verließ später den Ball mit der Frage, wie wohl beim nächsten Mal dieses Ereignis noch zu steigern sei.

Wie üblich waren auch für den 22. September 2001 schon Anfang des Monats die Einladungen verschickt, der Vorverkauf in vollem Gange, die Dekoration vorbereitet und die Proben für die Darbietungen angelaufen. Doch am 11. September hatten wenige Augenblicke genügt, um die Welt zu verändern und die Vorbereitungen für den Ball zur Makulatur werden lassen: der terroristische Angriff auf die USA, der jegliche Feierstimmung im Keime erstickte. In der Krisensitzung beim Schulleiter war man sich einig, den Ball verschieben zu müssen, ohne allerdings den Termin zu weit zu verlegen. Die normale Vorlaufzeit für die Reservierung des Brückenforums und der Kapelle betrug zwei Jahre; doch innerhalb von zwei Stunden intensivsten Telefonierens und persönlicher Gespräche waren Saal, Beleuchter und Kapelle für den 8. Dezember eingeplant und mit Durchsagen, Handzetteln und Pressemitteilungen alle Karteninhaber in Kenntnis des neuen Termins gesetzt. Seither wurde immer auf den letzten Samstag im November zum Beethovenball eingeladen.

11.7 Das Beethoven-Gymnasium als Erinnerungsort