11.7.4. 1998: Übergang des Gymnasiums von den Minoriten auf die Jesuiten vor 325 Jahren

Getreu dem Motto des Schulleiters „Das Leben ist auch ein Fest“ musste eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie die 325jährige Wiederkehr der Übertragung der Schule von den Minoriten auf die Jesuiten (lange Zeit als eigentliches gymnasiales Gründungsdatum angesehen) zu würdigen war. Eine Wiederholung der 300Jahr-Feier – allein schon nach „Bonn 2000“ – verbot sich von selbst, dann eher eine historische „Revue“ als Alternative, ein szenisch, tänzerisch, gesanglich-musikalisch dargestellter Gang durch die Geschichte des Gymnasiums vor großem Publikum auf dem illuminierten Schulhof mit pyrotechnischen Überraschungen, also eine Freilichtveranstaltung à la française:Son et Lumière“.

Kernzelle war der Literaturkurs 1997/98, der fast ein Jahr lang unter Aufarbeitung der Geschichte das „Drehbuch“ schrieb, die Kunstkurse übernahmen Bühnenbild und Dekoration, die Formationen der „Tanzenden Füße“ und des GTV übten die tänzerischen Einlagen ein, das „Orchester der Aula des Beethoven-Gymnasiums“ übte fleißig für die musikalische Begleitung, der Unterstufenchor und ein ad hoc gebildeter Lehrer- und Schülerchor probten Lieder und Gesänge, durch die Vermittlung des Vorsitzenden der „Gesellschaft der Freunde und Förderer“ konnten die notwendigen technischen Geräte für die Außenaufführung beschafft werden, technisch begabte Kollegen und Schüler arbeiteten an der Tontechnik und beschafften die Bühnenelemente, Schauspieler und Statisten aus der Oberstufe mussten angeworben und eingewiesen werden. Nachdem aus dem Theaterfundus auch die entsprechenden Kostüme einigermaßen passten, konnten fast 200 Akteure am Ende des Schuljahres 1997/98 eine als chaotisch empfundene Gesamtprobe durchführen: „Son et Lumière: Revue mit Klängen und Licht durch 325 Jahre, 1673 – 1789, 1845 – 1998“.

 

Nach Schuljahrsbeginn (10. August 1998) verblieben noch 2 ½ Wochen intensivster täglicher Proben, um die Auftritte zu perfektionieren. Als größte Unbekannte sollte sich das „Sommerwetter“ erweisen, noch bei der „eher mäßig glimpflich abgelaufenen“ Generalprobe störte gelegentlicher Nieselregen. Die Feier in der altkatholischen St. Cyprian-Kirche neben der Schule eröffnete ein „ökumenischer Gottesdienst der orthodoxen, evangelischen, altkatholischen und katholischen Konfessionen“, der – vom „Taizé-Ensemble“ begleitet – die Besucher mit „Unser Leben sei ein Fest“ auf die anschließende Abendveranstaltung einstimmte. Im ganzen Rheingebäude boten Stände, ein Bistro, ein Pub, ein Wiener Café und eine Weinstube ihre Köstlichkeiten an; in der Turnhalle erfreute die Zuschauer „Bewegung im Schloß“ und in der Aula durfte der Schulleiter – begleitet vom Unterstufenchor – die 1974 für den GRV gebaute und nach fünfjähriger Trockenlage wieder restaurierte „Wanderrate“ mit Rheinwasser taufen.

Mittlerweile hatten ca. 1400 Gäste an den Tischen auf dem Schulhof Platz genommen, während der Wind die dunkelsten Wolken vertrieb. Bei eintretender Dunkelheit eröffneten fackeltragende Kapuzenmönche die Veranstaltung, ein Conferencier begleitete die Zuschauer über die Jahrhunderte hinweg; der „Kurfürst“ verkündete die Schulübertragung und lud zum Menuett ein. Es folgte ein geschichtsträchtiger Reigen vergnüglicher, nachdenklicher, gespielter, gesungener, vorgetragener, getanzter Stationen bis in die heutige Zeit hinein, die mit ihren heißen Rhythmen (Rock’n Roll, Swing, Twist, Hula-Hop) das Publikum mitriss und die Bühne zum Schwingen brachte. „Son et Lumière“ endete um Mitternacht auf der Rheinseite des Schulhofs unter den Klängen von Händels Wassermusik mit einem fulminanten Feuerwerk, das Himmel und Fluss in den buntesten Farben erstrahlen ließ. Als die Sterne der letzten Rakete vor den staunenden Zuschauern nieder rieselten, kannten die Ovationen für die Verantwortlichen und die Mitwirkenden keine Grenzen.

 

Dieser Nacht folgte die nächste am 29. August 1998, „Classic Night“, während der in der Aula Ehemalige den Ton angaben. Der Oberstufenkoordinator verwirklichte die Idee, ehemalige Schülerinnen und Schüler, die die Musik zu ihrem Beruf erwählt hatten, gewissermaßen als Geschenk für die 325-Jahr-Feier einen Kammerkonzertabend gestalten zu lassen. Von den neun Zusagen verblieben sieben (Klavier, Oboe, Horn, Klarinette, Harfe) und ein Kollege (Fagott), die eine „höchst bewundernswerte Leistung“ auf „solch hohem Niveau“ boten, dass sie die Zuhörerschaft zu wahren Begeisterungsstürmen hinrissen (die CD von dem Konzert fand großen Absatz).

Von Elternseite wurde die „grandiose“ Jubiläumsfeier als weit „eindrucksvoller und belebender als viele offizielle kulturelle Ereignisse“ gewürdigt; die Schule habe mit dieser Veranstaltung „Maßstäbe gesetzt, die Hoffnung verheißen“ würden. Der Vorsitzende der „Gesellschaft der Freunde und Förderer“ fand es „ungewöhnlich beruhigend, in Zeiten, in denen Anspruchslosigkeit Programm ist, Schüler mit Engagement und Selbstverständlichkeit sich der Historie stellen zu sehen und zu hören“.

 

Die Abstände der Großen Jahresberichte verringerten sich: 1973, 1989, 1998; nach dem ersten verlangte der übliche Rhythmus der Gedenkfeiern einen weiteren Jahresbericht, zumal die Übertragung der Schule auf die Jesuiten unbestritten von besonderer Bedeutung war, da sie ihr für die nächsten 100 Jahre ihren eigenen Stempel aufdrückten. Außerdem galt es bei der Historie, einen genaueren Blick auf die Nachkriegsgeschichte des Beethoven-Gymnasiums zu richten. Interessanterweise hob dieser Jahresbericht mit einem wegweisenden Beitrag seinen eigenen Anlass dialektisch auf und stellte wieder einmal die relative Entscheidungsfreiheit unter Beweis, Gründungsdaten oder Epochengrenzen festzulegen.

Der Historiker Johannes Kistenich, der seine Dissertation über Bettelorden-Schulen im 17. und 18. Jahrhundert schrieb, leistete mit seinem wissenschaftlichen Artikel „Das Bonner Minoritengymnasium (vor 1626 -1673)“ den entscheidenden Beitrag zur Datierung des ältesten Minoritengymnasiums im Rheinland: Seit 1626 – sicher belegt mit eigenem Schulgebäude – gab es in Bonn eine höhere Schulbildung. Damit fand auch die Aufwertung der Leistungen der „Minderen Brüder“ die gebührende Anerkennung, und der Schulleiter durfte Geschichte schreiben, indem er das Gründungsdatum offiziell auf 1626 ändern ließ.

Mit Blick auf die Bedeutung Bonns nach 1945 erschien auch der Fokus des Jahresberichtes auf die Nachkriegsgeschichte der Schule berechtigt zu sein. Auch hier „Stunde Null“, schulische „reeducation“, Neubeginn oder Fortsetzung oder gar Restauration des alten humanistischen Gymnasiums? Das Fortleben des Griechischen („Homer – classic oder light“) im heutigen Unterricht gab Antworten und neue Fragen. Vermischtes aus dem Schulleben, Klassen- und Jahrgangsfotos, das Farbbild „fröhliches Kollegium bei einer Landpartie“ und viel beachtete, äußerst gelungene Kreationen aus dem Kunstunterricht zierten ebenfalls den umfangreichen Jahresbericht.

11.7.5 2001: 375 Jahre Beethoven-Gymnasium: Ein Jubiläum ohne Feier