12.2.3 Individuelle Förderung aller Schüler

Nachdem schon 2003/4 Förderempfehlungen den Zeugnissen beigelegt worden waren, sollte nun nach § 50 des Schulgesetzes vom 1. August 2006 die Versetzung der Regelfall sein und der Schwerpunkt auf der „individuellen Förderung“ leistungsschwacher Schüler liegen.

Für die Erprobungsstufe entschied sich das Kollegium für eine von der Defizitorientierung ausgehende Förderung in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch bzw. Latein, – in Klasse 5 ab dem zweiten Halbjahr, in Klasse 6 ca. einen Monat nach Beginn des Schuljahres. Die Entscheidung zur Teilnahme erfolgte durch die Erprobungsstufenkonferenz für drei Monate (bis zur nächsten Konferenz, bei schwierigen Fällen länger); die Gruppen waren möglichst auf 8 bis 12 Teilnehmer zu begrenzen.

Auf der Basis der anschließenden Erfahrungen entwickelte das Kollegium ein Konzept für den Umgang mit der defizitorientierten Förderung der Jahrgänge 6 bis 9. Quartalsweise entschieden die Fachlehrerinnen und Fachlehrer über den jeweils dringendsten Förderbedarf; die Teilnahme an den Stunden war verpflichtend (im Schuljahr 2009/10 immerhin 120 Schülern). Für die Schüler, die diesen Kursen nicht zugeordnet wurden, gab es zeitparallele Begabtenförderung.

 

Zur Förderung aller Schüler gehörte darüber hinaus die „Methodenschulung“. Sie wurde im Schuljahr 2007/8, in der Klasse 5 beginnend, (auf der Basis von Vorschlägen im Deutschbuch, ergänzt durch weitere Materialien) durchgeführt: u. a. Heftführung, Arbeitsplatzgestaltung, Hausaufgaben, Vorbereitung der Klassenarbeiten, fachspezifische Arbeitstechniken usw. Das Methodentraining war vom Fachlehrer zum Zeitpunkt der Einübung im Klassenbuch auf einem entsprechenden Formblatt zu vermerken.

 

Zur Durchführung der am Beethoven-Gymnasium neu eingeführten „Schülersprechtage“ erhielten die Erprobungsstufenschüler Fragebögen, die sie ausgefüllt zu einem ertragreichen Gespräch mitbringen mussten, dessen Ergebnisse als Vorgaben für ein „Lerntagebuch“ dienten. Um hierbei einen eventuellen problematischen Mangel an Nachhaltigkeit auszugleichen, sollten die Lehrer die Lerntagebücher einmal im Monat einsehen und mit den Schülern besprechen.

 

An die Methodenschulung in der Unterstufe knüpfte man anschließend in der Mittelstufe an. Auch hier führte das Kollegium einen Schülersprechtag zu Beginn des zweiten Halbjahres 2007/8 verbindlich ein. Zur Verbesserung der Methodenkompetenz diente ein im Internet abrufbares Modell eines Gymnasiums in Syke, das man allerdings weiterentwickeln wollte, um vor allem Methoden stets mit Inhalten zu verknüpfen. Die einzelnen Fachschaften arbeiteten die neuen Lehrpläne aus und leiteten sie weiter an eine „Methoden-Arbeitsgruppe“, die sie mit Vorschlägen zu Verknüpfungen an die Fachgruppen zurückgab, so dass am Ende aus den fertigen Curricula ein „Methodennetz“ mit inhaltlichen Schwerpunkten entstand. Das Kollegium selbst entschied sich zu einer Weiterbildung im Schuljahr 2007/8, um die eigene Methodenkompetenz zu verbessern.

 

Das Beethoven-Gymnasium versuchte (wie oben angesprochen) ebenfalls in diesem Schuljahr neben der mehr defizitorientierten Förderung auch die „Begabtenförderung“ aufzubauen. Aus sechs Projekten sollten die entsprechenden Schülerinnen und Schüler jeweils einen Bereich für ein Vierteljahr auswählen. Hier kam allerdings leichte Kritik aus der Elternschaft auf, warum gerade diese Kinder „zwangsweise“ an schulischen Fördermaßnahmen teilnehmen müssten, wo sie doch bereits viele andere Aktivitäten außerhalb der Schule betrieben. Schließlich seien Chor- und Orchesterarbeit ebenso als Begabtenförderung anzusehen wie die Bereitschaft, leistungsstarke „Schüler helfen schwächeren“. Bald erwies sich der organisatorische Aufwand für die Lehrer als zu groß, zumal die Zahl der hierfür zur Verfügung stehenden Stunden zunehmend geringer wurde.

 

Im Zusammenhang mit der Methodenschulung sowie der Möglichkeit und Fähigkeit zu „selbstverantwortlichem Arbeiten“ standen auch die Bemühungen des Kollegiums seit dem Schuljahr 2005/6, bei Abwesenheit des Fachlehrers der Oberstufe die Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung zu geben. Ausfallende Stunden auch in der reformierten Oberstufe zu vertreten, war schon immer verlangt worden, doch im Hinblick auf das Zentralabitur und den damit verbundenen sehr engen Zeitrahmen war sich das Kollegium darüber im Klaren, dass den Schülern in solchen Fällen die Möglichkeit einer sinnvollen und eigenständigen Arbeit gegeben werden musste.

Eine sog. „Mitbetreuung“ einer Parallelgruppe (ohne Lehrer) konnte nur eine Ausnahme sein. Überschaubare Arbeitsaufträge bei „geplanter Abwesenheit“ des Fachlehrers (Tagung, Wandertag, usw.) sollte keine Anwesenheitspflicht der Schüler voraussetzen; die Kontrolle erfolgte wie bei den Hausaufgaben im Nachhinein. „Ungeplante Abwesenheit“ (Krankheit, usw.), darin war sich das Kollegium einig, ziehe nicht die Verpflichtung nach sich, mit der Krankmeldung gleichzeitig Arbeitsaufträge zu übermitteln. In diesen Fällen hatte man sich zum Ziel gesetzt, die Schüler so weit zu „eigenverantwortlichem Arbeiten (EVA)“ zu erziehen, dass sie mit einem vorhandenen Arbeits- und Aufgabenmaterial sinnvoll in ihrem regulären Unterricht weiter arbeiten konnten. Dazu wurden im Laufe der zweiten Hälfte des Schuljahres 2005/6 die Rahmenbedingungen verbessert.

Die Fachgruppen erarbeiteten Kurssequenzen und -inhalte, nach denen sich die Schüler bei eigenverantwortlichem Arbeiten richten konnten. Lernhilfen (darunter auch Aufgabensammlungen mit Lösungen zur Vorbereitung auf das Abitur) wurden in einem eigenen Raum bereitgestellt, der mit Selbstlernmaterial und Rechnern mit Internetzugang ausgestattet war. Die Bibliothek als ruhiger Arbeitsraum mit den Standardwerken ergänzte das Angebot. Zu Beginn der Oberstufe erfolgte eine Einführung in die Benutzung des Selbstlernraumes und der Bibliothek. Nach diesen Vorbereitungen konnte der Schulleiter zufrieden ausrufen: „Alle freuen sich auf EVA!“.

Unter dem verführerischen Namen EVA“, so vermerkte der Chronist des Jahresberichtes 2007 des Beethoven-Gymnasiums, „nahm das neue Selbstlernzentrum für die Oberstufe seinen Betrieb auf“ (Oktober 2006). Er fand den „paradiesischen Anklang“ übrigens gar nicht „irreführend“, wurde hier doch „vom Baume der Erkenntnis genascht“, – allerdings stellte auch hierfür das Kollegium feste Regeln auf. Bei „geplanter Abwesenheit“ des Fachlehrers erhielten die Schüler Aufgaben, bei „ungeplanter“ bearbeiteten sie selbstständig den Unterrichtsstoff weiter. Im Falle einer längeren Krankheit erhielten die Kursteilnehmer einen Ansprechpartner, der ihnen bei Fragen Hilfestellung leistete, bis – bei fortdauernder Krankheit – der Vertretungsunterricht über das Programm „Geld statt Stellen“ geregelt war. Das „Verführerische“ an EVA hielt sich im Alltag jedoch noch in Grenzen, denn die Schüler mussten sich erst daran gewöhnen, den Selbstlernraum für ihr eigenverantwortliches Weiterarbeiten zu nutzen. Der Qualitätsbericht von 2008 verlangte denn auch ein umfassenderes Konzept, das „für den Fall von Unterrichtsausfall automatische Arbeitsschritte bei den Schülern einschalte“.

 

Einen weiteren Weg zur individuellen Förderung der Oberstufenschüler hatte die Schule bereits im Schuljahr 2005/6 beschritten mit dem Methoden- und Rhetoriktraining in der Stufe 11 (ursprünglich eine Art Ersatzveranstaltung für die gestrichene einwöchige Studienfahrt am Ende der Klasse 10). Erstmalig Ende April/Anfang Mai 2006 fuhr der Jahrgang in die Jugendherberge Aachen, um sich von Mitarbeitern der Konrad-Adenauer-Stiftung rhetorisch ausbilden zu lassen. Nach einer Einführung in die richtige Körperhaltung und das entsprechende Auftreten waren – mit nur 20minütiger Vorbereitung – vor laufender Kamera Kurzvorträge zu halten, richtiges Sprechen und Überzeugen einzuüben sowie anschließend von der ganzen Gruppe zu analysieren.

 

Seit dem Schuljahr 2003/4 kam in der Elternschaft die Überlegung auf, das Bildungsangebot des Beethoven-Gymnasiums „aus eigener Kraft“ zu erweitern, – in der berechtigten Überzeugung, dass eine genügende Anzahl kompetenter Eltern – ehrenamtlich oder gegen Honorar – Zusatzangebote geben könnte. Man dachte an Kompaktkurse von ca. fünf Doppelstunden z. B. in Recht, Wirtschaft, Theater, Kunst, Sprachen, usw. Eine Arbeitsgruppe „Schule und Gesellschaft“ (Eltern, Schulleiter) versuchte eine Art Referentenbörse oder Kooperationspartner mit eventuellen Finanzierungsmodellen zu ermitteln. Während den Oberstufenschülern die Teilnahme an diesem „Enrichment-Programm“ große, vornehmlich zeitliche Schwierigkeiten bereitete, wurde das Angebot von der Mittelstufe gut angenommen (Rechtsfragen, Banken, Umwelttechnik, Gefahren im Internet, Kunst, Gospel, Portugiesisch).

Eine Ergänzung erfuhr die Initiative durch das Projekt „Eltern stellen ihre Berufe“ vor und das Angebot ehemaliger Beethovenschüler (die erst vor kurzem ihr Abitur bestanden hatten), die in kurzen Vorträgen mit Einzelgesprächen – offen, kritisch und auf aktuellem Stand – über ihr Studium oder erste Berufserfahrungen Auskunft gaben.

 

Eine Zusammenarbeit mit der Universität Köln entwickelte sich 2007 im Zusammenhang mit dem vorgeschriebenen Schulpraktikum der Lehramtsstudenten, das von der Universität und den jeweiligen Fachlehrern des Beethoven-Gymnasiums begleitet wurde. Die Praktikanten arbeiteten mit Schülern der achten Klassen, die sich freiwillig gemeldet hatten, im Fach Deutsch, um sich in der Bearbeitung von Texten zu verbessern. Im gleichen Schuljahr begann für die Siebtklässler ein Projekt, das Interesse an den Naturwissenschaften und den entsprechenden Berufen zu wecken oder zu vertiefen. Einen ganzen Tag lang konnten sie im „School-Lab“ des „Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt“ in Köln in kleinen Arbeitsgruppen Experimente durchführen (Materialhärte, Belastbarkeit unterschiedlicher Stoffe) und anschließend das erworbene Wissen in einem Test überprüfen.

12.2.4 Selbstevaluation (SEIS) des Kollegiums