7.3 Einheitlichkeit der Anforderungen und Korrekturen sowie Vergleichsarbeiten in Parallelklassen nach gegenseitigen Unterrichtsbesuchen

Folgerichtig versuchte der Schulleiter im Schuljahr 1931/32, ausgehend von der Durchsicht der Klassenarbeitshefte für alte Sprachen, die sehr schwierige und heikle Frage einer Angleichung der Forderungen in Parallelklassen und einer gleichen Handhabung der Korrekturen zu lösen. Bei diesen verlangte er eine größere Einheitlichkeit, denn manche Fachlehrer hielten „peinlich auf Einzelverbesserung, während andere darauf verzichteten und eine allgemeine Besprechung“ vorzögen. Die Diskussion offenbarte die Vermutung, dass jeder Fachlehrer letztlich seine eigene Variante bevorzugte (Einzelverbesserung, Besprechung der Fehler in der Klasse, Nachübersetzung, häusliche neue Übungsarbeit, Bewertung der Verbesserung, u. ä.). Der Schulleiter versuchte mit einer allgemeinen Direktive zu vermitteln: Normalerweise müsse es genügen, die Arbeit genau in der Klasse zu besprechen. Er befürchte, dass durch „zu reichliches Korrigieren und Zensieren das Interesse der Schüler ertötet werden könnte“; es sollte durch „neue Anregungen wieder belebt werden“. Eine zu „starre Form der Verbesserung“ wolle er nicht verbindlich festlegen lassen. Die übliche Form der Einzelverbesserung nütze nur etwas, wenn der betreffende Lehrer sie auch korrigiere.

 

Eine halbjährige Kontroverse im Lehrerkollegium löste der Schulleiter mit der anschließenden Bemerkung aus, die Anforderungen der Fachlehrer von Parallelklassen differierten „oft stark in qualitativer und quantitativer Hinsicht“. Das führe im Hinblick auf „Versetzungs- und Prüfungsurteile unter Umständen zu unhaltbaren Dingen“. Er wollte, „in engerer Arbeitsgemeinschaft, namentlich der Herren der Parallelklassen, eine Angleichung der Forderungen“ erzielen lassen (z. B. gleiche Texte zu gleichen Zeiten) sowie durch „gegenseitige Unterrichtsbesuche“ einigermaßen „vergleichbare Ergebnisse“ erreichen (z. B. ein verbindliches „Minimum von Kenntnissen als Vorbedingung für die Versetzung“). Erforderliche Änderungen des Stundenplans würden das Verfahren erleichtern. Jüngere Kollegen plädierten ebenfalls für „möglichst gleiche Aufgaben“ „in gleichen Zeiten“, was ein „gewisses gleiches Mindestmaß von positiven Wissensstoffen“ voraussetze; es kam bei ihnen sogar die Forderung auf, solche Vergleichsarbeiten „vom selben Herrn“ korrigieren zu lassen. Der Schulleiter wollte nicht so weit gehen, sondern nur nach der Korrektur der Vergleichsarbeiten über das „Warum“ der „Verschiedenheit der Ergebnisse“ diskutieren lassen; gerade dies führe schon zur „Angleichung der Arbeitsweisen und Forderungen“.

Die Mehrheit des Lehrerkollegiums hielt jedoch die Schwierigkeiten, zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, für zu groß, eine „völlige Gleichheit der Behandlung von Klassen“ für „unmöglich“. Jede Klasse sei eben zu sehr „Subjekt“ und „Frucht jahrelanger bestimmt gearteter Methoden und Kenntnisforderungen“. Auch könnte eine „Rivalität zwischen Klassen mit allerlei bedenklichen Folgen entstehen“. Eine „Gleichförmigkeit“ erfordere schließlich eine „nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgende Zusammensetzung der Klassen“. Von der Eingangsklasse an müsste ein „gleichmäßiges Material“ geschaffen werden, indem man bei der „Verteilung auf die Parallelklassen ohne Berücksichtigung seitens der Wünsche der Eltern und Schüler die Auffüllung“ vornehme und besonders auf „gleiche Zusammensetzung nach Leistungen, Stand und Wohnorte“ achte, damit „soziale Momente nicht einseitig zu Tage treten“ könnten. Andere „hemmende Elemente“ lägen häufig in dem Einfluss der Repetenten, deren Verhalten „oft die ganze Arbeitsfreudigkeit der Klasse“ lähme. Bei der Verteilung der Sitzenbleiber müsste daher ihr „Geist“ in der „möglichen Einwirkung und Einfühlungsmöglichkeit auf die Stammklasse genau“ geprüft werden, ohne auf Unterschiede in der Klassenfrequenz zu achten.

Der Schulleiter versuchte eine vermittelnde Linie vorzugeben: Es handele sich nicht um eine „restlose Angleichung der Methoden“ oder rein „schematisches Arbeiten“, sondern um „Verständigung über möglichst gleichartige Anforderungen in den Arbeiten in qualitativer und quantitativer Hinsicht“, ähnlich wie z. B. auch die Abiturbestimmungen Vorschriften hinsichtlich Umfang und Arbeitszeit machten. Das erfordere von der Unterstufe an häufige „Rücksprache unter den Herren“, um in „steter Fühlungnahme eine möglichst weitgehende Gleichförmigkeit zu erstreben“. Dresen schloss die Diskussionen mit dem Hinweis auf die Richtlinien: „Ihr schönstes Geschenk sei die Freiheit. Natürlich müsse an einer Seminar-Anstalt in der Freiheit doch die Idee der Einheitlichkeit nicht aus den Augen gelassen werden“, womit er die richtige Ausbildung der Referendare als weiteres Argument in die Waagschale warf. Es fasste als Ergebnis der Besprechungen zusammen, man wolle „versuchen, durch Angleichung der Arbeiten und gegenseitige Unterrichtsbesuche sowie durch Besprechungen eine Einheitlichkeit der Forderungen und damit der gerechten Beurteilung“ der ihnen anvertrauten Schüler erzielen. Die Ergebnisse und Beobachtungen sollten in den Fachschaften weiter verarbeitet werden.

7.4 Schülercharakteristik anstelle von Kopfzensuren in Fleiß und Betragen