8.5 Neugliederung des Schulwesens 1937/1938: Das altsprachliche Gymnasium als Sonderform der „Deutschen Oberschule“

Mit der Neugliederung des Schulwesens 1937/38 endete die Typenvielfalt des Gymnasiums. Es gab nur die „Deutsche Oberschule“, getrennt für Jungen und Mädchen, (mit Englisch als erster und, für Jungen, Latein als zweiter Fremdsprache) sowie als vereinzelte „Sonderform“, deren Rolle und Bedeutung immer mehr abnahm, das altsprachliche Gymnasium mit Latein ab Sexta (nach den neuen Bezeichnungen Klasse 1, heute Klasse 5), mit Griechisch nunmehr ab Quarta (Klasse 3, heute Klasse 7) und Englisch ab Untertertia (Klasse 4, heute Klasse 8). Die Entchristlichung der Schule und Ablehnung des „neuhumanistischen Bildungsideals“ fanden ihren entsprechenden Ausdruck in den begleitenden Erlassen, die den „durch Blut und geschichtliches Schicksal bestimmten deutschen Menschen“ als Erziehungsziel der „völkischen Weltanschauungsschule“ vorschrieben.

Fortan bildete Deutsch zusammen mit Geschichte, Erdkunde, und den künstlerischen Fächern eine „enge geschlossene Gruppe“, in der die „neue Geistesrichtung der Nation“ zum Ausdruck kommen sollte; auf den Zeugnissen standen, nach den „Leibesübungen“, diese Fächer unter dem Begriff „Deutschkunde“ an zweiter Stelle. Dann folgten „Naturwissenschaft und Mathematik“ in der Reihenfolge Biologie, Chemie, Physik, Rechnen und Mathematik, wobei besonders dem Biologieunterricht die Aufgabe zufiel, die „ewigen Gesetze des Blutes und der Rasse“ aufzuzeigen. Die „Fremdsprachen“ Latein, Griechisch, Französisch, Englisch (Wahlfach) kamen an vierter Stelle. Ganz zum Schluss war „Religionslehre“ auf dem Zeugnis aufgeführt. Diese wurde bald nur bis zur 4. Klasse (heute 8. Klasse) unterrichtet; an einem Glaubensunterricht konnten die katholischen Schüler im nahe gelegenen Theologenkonvikt „Collegium Albertinum“ teilnehmen.

 

Mit der Verkürzung der Schulzeit auf acht Jahre fielen Ostern 1937 3000 Klassen in Preußen fort, doch die Lehrer blieben „alle erhalten“, denn die Reform dürfe nicht „auf Kosten des Nachwuchses durchgeführt werden“. Weil jedoch das Griechische in Quarta (Klasse 3, heute 7. Klasse) an die Stelle des Französischen getreten war, meldeten sich am Beethoven-Gymnasium weniger Schüler für die Sexta-Aufnahmeprüfung an; außerdem verließen eine Reihe Schüler die kommende Quarta, so dass die Schülerzahl von 520 (1936) auf 470 (1937) sank.

Einschneidende Folgen hatte die Reform für die laufende Unterprima (Klasse 8, heute Stufe 12) als plötzliche Abschlussklasse. Der Unterricht dürfe, so Bös, nicht „in einer Art Paukerei ausarten“; eine Überlastung durch Hausaufgaben (nicht mehr als 2 ½ Stunden) und eine „Stoffhuberei“ durch ausschließlichen Lehrervortrag seien zu vermeiden. Nur in Geschichte müsse das „Pensum“ „unter allen Umständen“ bewältigt werden. Die schriftlichen Arbeiten waren „möglichst kurz“ zu gestalten: in Deutsch 2 bis 3-stündig, in den anderen Fächern einstündig. Doch im Abitur wurde diese Unterprima (mit der auslaufenden Oberprima) nur mündlich geprüft: in Deutsch oder Geschichte oder Erdkunde, in Leibesübungen und in Biologie als Pflichtfach; gleichwohl sollte dieses Abitur eine „Leistungs-, keine Scheinprüfung“ sein.

8.6 Der „deutsche Mensch“ im Geist des „neuen Deutschlands“ als Ziel des Unterrichts