9.4.2 „Erziehung zur Gemeinschaft durch die Gemeinschaft“: Wander- und Klassenfahrten

In dem häufigen Wechsel der Klassenbilder spiegelte sich die besondere Entwicklung der provisorischen Hauptstadt Bonn wider: der Aufbau ständig neuer Behörden, die Neugründung von Ministerien, Zuzug und Versetzung der Bundesbeamten, zeitweiser Aufenthalt von Mitgliedern des Auswärtigen Dienstes. Der Abitur-Jahrgang 1959, der in der Regel nach dem Krieg erstmalig zur Schule ging, möge hier als Beispiel dienen: Von den 68 Abiturienten waren 16 von Sexta (Klasse 5) an in den drei Klassen gewesen; 16 kamen aus Bonn, 20 aus Nordrhein-Westfalen, 17 aus dem übrigen Bundesgebiet und 15 anderen Gebieten des ehemaligen Deutschen Reiches. Der ständige Zugang neuer Schüler stellte Lehrer und Schüler vor große Herausforderungen; er verlangte gegenseitige Eingewöhnung und Rücksichtnahme und bereitete Schwierigkeiten durch die unterschiedliche und andersartige Vorbildung.

 

Umso mehr versuchte die Schule die „Erziehung zur Gemeinschaft durch die Gemeinschaft“ durch einen Aufenthalt im Schullandheim Gemünd zu fördern. Da sich die Schule finanziell an der Unterhaltung des Heims stark beteiligt hatte, wollte sie auch entscheidende Mitspracherechte erhalten, die ihr der Altherrenverband (AHV) des Gymnasial-Turnvereins (GTV) bisher verwehrt hatte. Spannungen und gegenseitiges Misstrauen Anfang der 50er Jahre führten dazu, dass das Kollegium nicht mehr weiter mit dem AHV verhandeln wollte und nach Alternativen (Hellenthal, Kalterherberg) suchte, die sich am Ende allerdings aus finanziellen Gründen nicht realisieren ließen. Ende 1954 ging man aufeinander zu, so dass Grenzmann am 10. Januar 1955 den Kollegen berichten konnte, das Verhältnis zum AHV des GTV sei „wieder besser geworden“. Das Kollegium beschloss, in neue Verhandlungen einzutreten, zumal die für 1955 geplante Erweiterung eine größere Geräumigkeit erreichen sollte, um eine Stätte der Begegnung von Lehrern und Schülern des Beethoven-Gymnasiums entstehen zu lassen. „Mit einem Appell an die Herren des Kollegiums“, Mitglieder des 1953 gegründeten „Vereins der Freunde und Förderer des Beethoven-Gymnasiums“ zu werden, „der ja auch die juristische Person bei Schullandheimprojekten“ sei, endete die jahrelange Debatte über Gemünd.

Das Heim nahm nunmehr im schulischen Wander- und Fahrtenprogramm einen besonderen Platz ein in dem Bemühen, „die Zucht geistiger Arbeit mit der freien Entfaltung der Jungen in der Gemeinschaft der Altersgenossen zu verbinden“. Während die Oberstufe ausgedehnte Wanderfahrten und Studienreisen unternahm, verbrachten fast alle Klassen der Unter- und Mittelstufe sowie die Obersekunden (OII, Klasse 11) (die sich auch als Alternative für eine Fahrt nach Berlin „mit ausgeprägter staatspolitischer Aufgabenstellung“ entscheiden konnte) eine Woche in Gemünd. Dort hatte inzwischen der Altherrenverband des GTV ein anliegendes Gelände erworben, auf dem mit Mitteln des Landesjugendplanes, des Kreises Schleiden und vor allem der „Gesellschaft der Freunde und Förderer des Beethoven-Gymnasiums in Bonn e.V.“, die sich schwerpunktmäßig den Ausbau des Landheimes zum Ziel gesetzt hatte, ein Erweiterungsbau im November 1957 fertig gestellt wurde: ein Tagesraum, ein Leseraum, 6 Schlafräume, zwei Lehrerzimmer, Küche und Wirtschaftsräume nebst einem Telefonanschluss. Da nun auch der Aufenthalt im Winter möglich war, ließen sich einige Klassen das damit verbundene Wintersportvergnügen nicht entgehen. Schließlich sorgte endlich eine zwei Kilometer lange Wasserleitung seit Pfingsten 1960 für frisches Trinkwasser, so dass die alte unzugänglich gewordene Pumpanlage stillgelegt werden konnte. Sorge bereiteten aber immer die Kosten für die Unterhaltung des Landheimes, die vor allem aus den Zuwendungen der „Gesellschaft der Freunde und Förderer“, dem „Landheimgroschen“ und den von den Eltern zu zahlenden „Schlafgeldern“ bestritten werden mussten.

9.4.3 Die Neuentwicklung der beiden Schülervereine: GTV und GRV