11. Das Beethoven-Gymnasium von den 80er Jahren bis zum Beginn des neuen Jahrtausends: „Aus Tradition modern“

11.1 Schulleiterwechsel

Nach Dr. Seidlers vorzeitiger Pensionierung im Sommer 1984 ließ die Neubesetzung länger auf sich warten, während der Schulbetrieb unter der fachkundigen Leitung des Stellvertreters, Dr. Alfred Schmitt, seinen gewohnten Verlauf nahm. Dem gleichwohl gespannten und erwartungsvollen Kollegium dichtete der wissende Gymnasial-Nikolaus im Dezember 1984: „Kollegen wallten nach Altötting, Gebetserhörung Doktor Kötting“. Das bestätigte auch ein Ausschnitt des General-Anzeigers vom 6. Dezember 1984 am Schwarzen Brett allen Neugierigen. Eine Kurzbiographie Dr. Helmut Köttings ließ sich schnell beschaffen: Studium in Köln und Bonn in Romanistik und Geschichte, als Verwaltungsoberstudienrat am Merian-Gymnasium in Krefeld zuständig für den Vertretungs- und Stundenplan, als Projektleiter Einführung der Reformierten Oberstufe in der zweiten Versuchsreihe, seit 1976 Stellvertreter des Schulleiters. Die zwischen Düsseldorf und Köln aufgeteilte Schulbürokratie brauchte die übliche gestreckte Zeit, bis schließlich am 15. April 1985, am ersten Tag nach den Osterferien, die offizielle Einführung erfolgen konnte, – mit einem Empfang durch Kollegium und Elternschaft in herzlicher Offenheit und ansteckender Freundlichkeit, bei gleichzeitiger Verkostung des 84er – Rheinauenweines, dessen ruhiger Charakter und abgerundeter Geschmack nachhaltig wirken sollte.

Für Kötting ergab sich aus der Leitung des ältesten Bonner Gymnasiums die Verpflichtung, an die Tradition anzuknüpfen als die Quelle, „aus der man Kraft, Sicherheit und Leitlinien für ein gesichertes Handeln schöpfen“ könne, um einen „liberalen, weltoffenen“ und zukunftorientierten Geist zu pflegen: „Aus Tradition modern“ sollte von Anbeginn an die Leitlinie zur Gestaltung allen Schullebens werden. Selbstverantwortliches Handeln verlange von den Schülerinnen und Schülern, sich den Herausforderungen beherzt und verantwortungsbewusst zu stellen und aufrichtig, tolerant und offen gegenüber ihren Mitmenschen zu bleiben; so erfahre auch „Fortiter ac Sincere“ („stark werden und natürlich bleiben“), das Motto über dem Hofeingang des neuen Gebäudes von 1891, seine aktuelle Bedeutung.

Und nun wohl auf, meine lieben Schüler!“, wie der damalige Schulleiter Buschmann nach der Einweihung des Hauses, hätte Kötting – anlässlich seiner Vorstellungsbesuche am zweiten Tag – beim erstmaligen Betreten der Räume den Klassen zurufen können, – er unterließ es in der Ansicht, sie hätten ein Recht, sich zunächst ein eigenes Urteil zu bilden. Da war ihm doch lieber das Chronogramm des Jahresberichtes 1984/85 das Leitmotiv seines Handelns:

IVVENTVTI   CONFIDAMVS

SENESCENTE   SAECVLO

PECTVS   PETIT   RATIO

(1985)

(„Laßt uns der Jugend vertrauen, wenn auch das Jahrhundert altert. Das fordert die Vernunft – und auch das Herz“ – Dr. H. J. Frings).

 

Gleich zu Beginn hatte der neue Schulleiter den Auftrag des Kollegiums verinnerlicht, den der „Chefchronogrammierer“ an das Schwarze Brett geheftet hatte:

SALVE

DR   KOETTING

IN   ANNALIBVS

GYMNASII   BEETHOVENIENSIS

PAGINAS   NOVAS                                                        

INSCRIBERE

FELICITER

INCIPIAS

(1985)     (Dr. H. J. Frings)

 

Das mehrdeutige „feliciter“ wollte Kötting lieber einer nachfolgenden Beurteilung unterzogen wissen. Es galt, den Charakter der Sprachenschule zu erhalten, wie er sich den fundamentalen Veränderungen in der 70er Jahren angepasst hatte, gleichzeitig der naturwissenschaftlichen Bildung größere Bedeutung zu verleihen und den Einstieg in das „Computer-Zeitalter“ in gymnasialer Weise zu vollziehen. Der Kanon des bisherigen schulischen und außerunterrichtlichen Bildungsangebots musste fortgesetzt und erweitert werden. Das sollte gleichzeitig mit einem Wandel im methodischen Bereich einhergehen, damit unter dem Aspekt „Fördern und Fordern“ neue Formen und Verfahren der Vermittlung im Unterricht Eingang finden konnten.

11.2 Veränderte Rahmenbedingungen für Lehrer und Schüler: Sparmaßnahmen, Lehrerversetzung, Kooperation